Kategorie: Nachhaltigkeit

  • Wie finde ich kontroverse Unternehmen in  nachhaltigen ETFs und welche Kontroversen gibt es überhaupt in Fonds?

    Wie finde ich kontroverse Unternehmen in nachhaltigen ETFs und welche Kontroversen gibt es überhaupt in Fonds?

    Wie auch bei der Definition von „Nachhaltigkeit“ haben wahrscheinlich viele Anleger unterschiedliche Vorstellungen, was „kontroversen“ Unternehmen sind. Bei der nachhaltigen Geldanlage, beispielsweise mit ETFs, möchten einige Anleger keine Lebensmittelhersteller und andere keine zivilen Rüstungsunternehmen in ihren nachhaltigen Fonds haben.

    Wie können wir Privatanleger herausfinden, welche Positionen in unseren ETFs enthalten sind und welche kontroversen Unternehmen sind überhaupt enthalten? In diesem Artikel zeigen wir zwei grundsätzliche Möglichkeiten auf, die gehaltenen Positionen in ETFs zu identifizieren und auch wie wir herausfinden können, welche Titel im Referenzindex vom ETF enthalten sind. Und zusätzlich, wie wir die Datenbank von faire-fonds.info nutzen können, um Kontroversen in Fonds zu finden. Denn neben den Nachhaltigkeitsprinzipien von Fonds, können bestimmte enthaltene oder auch ausgeschlossene Unternehmen, eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Auswahl der nachhaltigen Geldanlage sein.

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  • DAX 40 im Nachhaltigkeitscheck | Welche ESG-Bewertungen erhalten Dax-Unternehmen?

    DAX 40 im Nachhaltigkeitscheck | Welche ESG-Bewertungen erhalten Dax-Unternehmen?

    Seit dem 20. September beinhaltet der deutsche Leitindex 40, statt vormals 30 Unternehmen[1].

    Wir haben uns die ESG-Bewertungen der verschiedenen Ratingagenturen für die 40 Dax-Unternehmen angesehen, um herauszufinden wie nachhaltig der neue Dax ist und welche Unternehmen als ESG-Vorreiter bewertet werden. Und welche Unternehmen im Mittelfeld angeordnet sind und welche noch Nachzügler bezüglich der ESG-Bewertungen sind.

    Für die Nachhaltigkeitsbewertung nach ökologischen und sozialen Aspekten sowie Prinzipien der guten Unternehmensführung (ESG) haben wir die öffentlich verfügbaren Ratings von MSCI, S&P Global und Sustainalytics (Morningstar) verwendet. Zur Vergleichbarkeit und Ermittlung eines gesamten Nachhaltigkeitsbildes für den Dax haben wir die verschiedenen ESG-Werte der Ratingagenturen in eine eigene simplifizierte ESG-Klassifizierung mit drei Abstufungen klassifiziert: Vorreiter, Mittelfeld und Nachzügler. 

    Darüber hinaus haben wir die 40 Dax-Unternehmen und den DAX 50 ESG Index verglichen – welche Unternehmen ausgeschlossen werden und welche Themen für uns Privatanleger bei der nachhaltigen Geldanlage relevant sein können.

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    1. Wie nachhaltig ist der deutsche Aktienindex DAX 40?

    Wie nachhaltig ist der deutsche Leitindex? Überraschenderweise sind mit Stand Oktober 2021 rund 30 % der Dax-Unternehmen im oberen Spektrum der Nachhaltigkeit einzuordnen und erhalten von den drei großen Ratingagenturen MSCI, S&P Global und Morningstar überdurchschnittliche ESG-Ratings (siehe dazu auch die dunkelgrüne Klassifizierung in der Abbildung unten). 

    Insgesamt fällt auf, dass viele Unternehmen durchschnittlich im Mittelfeld (hellgrün) angeordnet sind und wenige im oberen bzw. unteren (grau) Spektrum. Darüber hinaus scheint es für einige Dax-Unternehmen keine klare Einstufung in Vorreiter, Nachzügler oder Mittelfeld zu geben, sondern unterscheiden sich je nach Ratingagentur.


    ESG-Bewertungen der Unternehmen im DAX 40 und ESG-Klassifizierung (Eigene Darstellung)

    ESG Vorreiter im DAX

    Von den nachhaltigsten Unternehmen (nach ESG-Bewertung) im Dax sind vor allem vier hervorzuheben: Adidas, Allianz, Munich RE und SAP.

    Adidas erhält von MSCI seit 2018 durchgängig eine ESG-Bewertung von AAA (höchste Bewertung). Darüber hinaus ist Adidas branchenführend in der Unternehmensführung, CO2-Fußabdruck der eigenen Produkte und bei der Rohstoffbeschaffung. S&P Global bestätigt Adidas in der Bekleidungsbranche vor allem bei den ökologischen Faktoren führend zu sein. Sustainalytics vergibt Adidas insgesamt ein niedriges (gutes) ESG Risiko Rating, wird jedoch bei den Kontroversen als „signifikant“ eingestuft, was hauptsächlich durch Vorfälle der letzten drei Jahre in den Bereichen Bestechung und Korruption begründet wird.

    Die Allianz ist von MSCI ebenfalls mit AAA bewertet (seit April 2017 unverändert) und ist in sechs so genannten ESG-Schlüsselthemen sogar Vorreiter. Einzig beim Unternehmensverhalten stuft MSCI die Allianz in die Kategorie ESG-Nachzügler ein. S&P bewertet die Allianz mit einem ESG Score von 85 und ist im Branchenvergleich führend bei ökologischen Faktoren, jedoch eher durchschnittlich bei  der Unternehmensführung. Interessanterweise unterscheiden sich die Bewertungen von S&P und MSCI hinsichtlich dem Kriterium der Personalentwicklung  — MSCI stuft die Allianz hier als ESG-Vorreiter ein, S&P dagegen zwar besser als durchschnittlich, aber mit Luft nach oben zum Branchenführer. Sustainalytics bewertet die Allianz mit einem ESG Risiko Rating von knapp 16 und gehört damit zu den 30 % besten Unternehmen im Dax.

    Die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft (Munich RE) wird von MSCI seit Anfang 2018 unverändert mit AA bewertet. Und ist bei Themen wie „verantwortlichen Investitionen“ und „Datenschutz und -sicherheit“ führend in der Branche. S&P vergibt der Munich RE eine ESG-Bewertung von 80 und gehört bei fast allen Kriterien zu den branchenbesten. Einzig bei den Themen wie „Unternehmensführung“ und „Mitarbeitergewinnung und -Bindung“ eher durchschnittlich. Bei Sustainalytics erhält die Münchner Rück ein niedriges ESG Risiko Rating und ist nur wenige Plätze hinter der Allianz innerhalb der Versicherungsbranche eingereiht.

    SAP gehört laut MSCI zu den 5 besten Unternehmen innerhalb der Software- und Dienstleistungsbranche, aus über 150 und erhält seit 2018 eine ESG-Bewertung von AAA. Laut MSCI und S&P ist SAP ESG-Branchenführer bei Themen wie „Personalentwicklung“ und „Unternehmensführung“. Einzig beim Thema „Datenschutz“ divergieren die Bewertungen von S&P und MSCI leicht: MSCI bewertet die SAP hier zu den ESG-Vorreitern, bei S&P ist noch Potenzial nach oben. Sustainalytics bewertet SAP mit einem ESG Risiko-Rating von 9,7 und erreicht damit im gesamten DAX 40 die zweitbeste ESG-Risiko-Bewertung.

    ESG Schlusslichter

    Am anderen Ende des Spektrums der ESG-Bewertungen im Dax sind besonders zwei Unternehmen im Fokus: Bayer und Volkswagen.

    Bayer wird von MSCI seit 2019 mit BB bewertet, wurde jedoch von zuvor BBB herabgestuft. Im Vergleich zu anderen Unternehmen in der Pharmaindustrie ist Bayer vor allem in drei ESG-Themen noch Nachzügler. Zum einen beim „Unternehmensverhalten“, „Giftige Emissionen und Abfälle“ und auch bei der „Chemikaliensicherheit“, wie es von MSCI genannt wird. Dazu zählen beispielsweise schädliche Chemikalien im Produktportfolio, aber auch die Bemühungen der Unternehmen weniger schädliche Alternativen zu entwickeln. S&P vergibt Bayer eine ESG-Bewertung von 34. Diese Bewertung basiert im Gegensatz zu anderen S&P ESG-Bewertungen, allein auf den öffentlich verfügbaren Informationen und wurde von S&P durchgeführt (siehe auch S&P Bewertungen mit gekennzeichnet mit * in Tabelle auf vorheriger Seite). Tendenziell ist zu beobachten, dass von den Unternehmen selbst ausgefüllte und eingereichte Fragebögen (von S&P Corporate Sustainability Assessment, kurz CSA genannt) bessere ESG-Bewertungen erhalten als die von S&P durchgeführten, welche auf den öffentlich verfügbaren Informationen basieren. Sustainalytics bewertet Bayer mit einem mittlerem ESG-Risiko, ist mit einer Bewertung von 28,6 an der Grenze zum hohen ESG-Risiko eingestuft. Vor allem der „gesellschaftliche Einfluss der Produkte“ scheint ein Haupttreiber für die hohe Kontroversenbewertung von 5.

    Volkswagen ist ebenfalls noch Nachzügler hinsichtlich der ESG-Bewertungen im DAX. MSCI vergibt VW seit 2021 eine ESG-Bewertung von B, wurde zuvor jahrelang mit CCC (niedrigste Bewertung) bewertet. Aktuell erreicht VW (wie auch Porsche) das schlechteste MSCI-ESG-Ergebnis im DAX. In der Branche Schlusslicht ist VW vor allem bei ESG-Themen wie dem „Unternehmensverhalten“ und dem „CO2-Fußabdruck“. 

    S&P bewertet VW mit 62 und ist damit leicht über dem Branchendurchschnitt. Da VW jedoch das Assessment selbst durchgeführt und S&P zur Verfügung gestellt hat, können die Bewertungen signifikant höher sein, als Unternehmen, die keine Bewertung zur Verfügung gestellt haben. Laut S&P ist VW vor allem Branchenführer beim Thema „Innovationsmanagement“ und „Klimastrategie“, und eher durchschnittlich bei den Themen „Arbeitssicherheit & Gesundheitsschutz“ und „Unternehmensführung“. Sustainalytics vergibt VW eine 29,6 beim ESG Risiko Rating und ist damit Schlusslicht im DAX. Nur die Deutsche Bank und RWE erhalten noch höhere Risiko-Bewertungen.

    Konträre ESG Bewertungen

    Nicht immer sind sich die Ratingagenturen einig, was die ESG-Bewertungen einzelner Unternehmen betrifft und bewerten tendenziell leicht unterschiedlich und weichen in ihren Bewertungen voneinander ab.

    Die Deutsche Telekom beispielsweise erhält von MSCI seit 2019 eine ESG-Bewertung von BBB und befindet sich damit im unteren Durchschnitt innerhalb der Telekommunikationsbranche. Gekennzeichnet vor allem durch Schwächen in der „Unternehmensführung“ sowie „Personalverwaltung“ — dazu zählt MSCI unter anderem die Komplexität der Aufbauorganisation und Arbeitnehmerschutzthemen. S&P dagegen bewertet die Deutsche Telekom mit einem ESG-Rating von 89 und gehört zu den branchenbesten bei ökologischen und sozialen Aspekten. Besonders bei der „Klimastrategie“, „Personalentwicklung“ und „Datenschutz“. Ein deutlich positiveres Bild im Gegensatz zu MSCI. Sustainalytics bewertet die Deutsche Telekom mit einem ESG-Risiko von 17,6 und gehört damit zu den 6 % besten Unternehmen innerhalb der Telekommunikationsdienstleister. Mit zwar einigen Vorfällen, die sich auf das Kontroversenniveau aber anscheinend nur minimal auswirken und auch für die ESG-Risiko-Bewertung bisher wenig Einfluss hatten.

    3. Methodik und Datengrundlage | So haben wir analysiert

    Die Ausgangslage für die ESG-Bewertung bildet der DAX 40 – der deutsche Leitindex. Dieser Index umfasst die 40 größten und liquidesten Werte aus Deutschland. Für jedes Dax-Unternehmen haben wir mit Stand 3. Oktober 2020 die ESG-Bewertungen der Ratingagenturen MSCI, S&P Global und Sustainalytics (Morningstar) aufgeführt und in eine eigene ESG-Klassifizierung überführt. Daraus ergibt sich für jedes Unternehmen ein holistisches Nachhaltigkeitsbild gemäß ESG-Rating.

    Eigene ESG-Klassifizierung: Vorreiter, Mittelfeld und Nachzügler

    Alle die von den Ratingagenturen frei zur Verfügung gestellten Informationen haben wir für die Analyse der Dax-Unternehmen verwendet. Da jedoch unterschiedliche Klassifizierungen und Kategorien verwendet werden, haben wir eine eigene ESG-Klassifizierung für die Dax-Unternehmen festgelegt.

    Diese ESG-Klassfizierung soll eine vereinfachte Sicht auf die Bewertung der unterschiedlichen Ratingagenturen hinsichtlich eines Dax-Unternehmens geben. Folgende drei Nachhaltigkeitsausprägungen haben wir für MSCI, S&P Global oder Sustainalytics Bewertungen definiert (siehe auch Abbildung unten):

    1. Vorreiter
    2. Mittelfeld
    3. Nachzügler

    Methodik der eigenen ESG-Klassifizierung für die Bewertungen von MSCI, S&P Global und Sustainalytics

    Als Vorreiter haben wir Unternehmen eingestuft, wenn die MSCI ESG-Bewertung AA oder AAA beträgt. S&P Global Bewertungen werden als Vorreiter eingestuft, sofern die ESG-Bewertung 75 oder höher ist. Auch wenn die Bewertung niedriger als 75 ist, aber das Unternehmen in zwei der drei ESG-Säulen branchenführend bewertet ist, haben wir diese als Vorreiter eingestuft. Beide Bedingungen erfolgen unabhängig voneinander. Sustainalytics ESG Risikobewertungen werden ab einem Risk Rating von 15 oder niedriger als Vorreiter eingestuft.

    Nachzügler sind Unternehmen mit einer MSCI Bewertung von BB oder CCC. Ebenfalls Nachzügler haben wir definiert, wenn S&P Global Bewertungen von 50 oder niedriger und Sustainalytics ESG Risikobewertung von 25 oder niedriger sind.

    Im Mittelfeld sind alle Bewertungen von MSCI, S&P Global und Sustainalytics, wenn sie nicht in unsere Vorreiter oder Nachzügler Kategorien fallen.

    Alle von S&P Global selbst durchgeführten ESG-Bewertungen haben wir jedoch nicht in die eine der drei ESG-Klassifizierungen eingestuft. Da diese Bewertungen signifikant niedriger sind, als die der Unternehmen, die selbst den CSA-Fragebogen ausgefüllt und eingereicht haben. 

    Fazit

    Rund 30 % der Dax-Unternehmen sind nach ESG-Rating im oberen Bereich der Nachhaltigkeit eingestuft — können also als ESG-Vorreiter bezeichnet werden. Im unteren Bereich befinden sich noch rund 10 % ESG-Nachzügler, die von den Ratingagenturen im Vergleich zu Branchenwettbewerbern als Schlusslicht eingeordnet werden. Im Mittelfeld sind aktuell rund 60 % der Dax-Unternehmen eingeordnet.

    Wenn zusätzlich qualitative Kriterien berücksichtigt werden, die vor allem für uns Privatanleger relevant sind, kann die quantitative Einschätzung der Ratingagenturen auch anders aussehen.

    Der DAX 50 ESG Index —die nachhaltige „Variante“ des DAX 40 — schließt aktuell neun Dax-Unternehmen aus. Das Nachhaltigkeitsprinzip[6] berücksichtigt neben guten ESG-Bewertungen, die auf Risiko-Einschätzungen von Sustainalytics basieren, auch qualitative Ausschlusskriterien. Unternehmen dürfen beispielsweise nicht in Geschäftsfeldern wie umstrittenen Waffen, Rüstungsgüter, Tabak, Kernenergie und Kraftwerkskohle aktiv sein.

    Darüber hinaus gibt es individuelle Nachhaltigkeitsansprüche für jeden Privatanleger. Ein kontrovers diskutiertes Thema ist die Kernenergie — für die einen „nachhaltig“, für andere wiederum unabdingbares Ausschlusskriterium.

    Nichtsdestotrotz können wir Bewertungen von Ratingagenturen, die Nachhaltigkeitsstandards messen, als Hilfsmittel für die eigene Investitionsentscheidung nutzen. Denn nur selten haben wir Einblicke in die vollen operativen Tätigkeiten und Herausforderungen eines Unternehmens. Aber auch die Bewertungen und Einschätzungen der Ratingagenturen können hinterfragt werden, denn wir wissen selten, was die Unternehmen den Ratingagenturen gemeldet haben oder anders gedacht: Wir müssen wohl dem Vertrauen, was die Investor Relations Abteilungen der Unternehmen nach außen kommunizieren.

    Anmerkungen & Quellen

    Daten und Informationen, Stand: 03.10.2021

    Titelbild: Igor Flek (Unsplash)

    [1] Deutsche Börse (2021): DAX mit zehn neuen Mitgliedern. Pressemitteilung. 03.09.2021
    https://deutsche-boerse.com/dbg-de/media/pressemitteilungen/DAX-mit-zehn-neuen-Mitgliedern–2766884

    [2] MSCI (2021): MSCI ESG Ratings Corporate Search Tool.
    https://www.msci.com/our-solutions/esg-investing/esg-ratings-climate-search-tool

    [3] S&P Global (2021a): S&P Global ESG Scores.
    https://www.spglobal.com/esg/scores/ 

    [4] S&P Global (2021b): S&P Global Corporate Sustainability Assessment.
    https://www.spglobal.com/esg/csa/getting-an-assessment 

    [5] Sustainalytics (2021): Company ESG Risk Ratings.
    https://www.sustainalytics.com/esg-ratings  

    [6] STOXX (2021): Guide to the DAX Equity Indices. Version 11.2.3. 15.09.2021.
    https://www.dax-indices.com/document/Resources/Guides/DAX_Equity_Indices.pdf 

  • Was bedeuten die SFDR-Nachhaltigkeits-Kategorien bei Fonds?

    Was bedeuten die SFDR-Nachhaltigkeits-Kategorien bei Fonds?

    Seit 10. März 2021 ist die EU-Verordnung über „Nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“ (SFDR)[1] in Kraft getreten. Die SFDR verpflichtet Fondsgesellschaften – also die Emittenten von Fonds – Nachhaltigkeitskriterien (auch ESG-Kriterien) offenzulegen, damit wir Verbraucher zukünftig unterscheiden können, ob oder wie „nachhaltig“ ein Finanzprodukt ist (bzw. scheint?).

    Aber was bedeuten die s.g. SFDR-Kategorien „Artikel 6“, „Artikel 8“ und „Artikel 9“ und was unterscheidet diese?

    1. Was ist die Offenlegungsverordnung (SFDR)

    Die Sustainable Finance Disclosures Regulation (SFDR) wurde am 27. November 2019 veröffentlicht und ist am 10. März 2021 in Kraft getreten und ist unter anderem Teil der „Sustainable Finance“ Initiative der Europäischen Kommission. Im deutschsprachigen Raum wird diese Verordnung (engl. Regulation) oftmals auch EU-Offenlegungsverordnung genannt. Gemeint ist damit die Verordnung (EU) 2019/2088 (Link unten im Quellenverzeichnis), welche, wie der Name impliziert, diverse Transparenzanforderungen und Offenlegungspflichten zu nachhaltigen Finanzprodukten beinhaltet.

    Neben der Offenlegungsverordnung gibt es zusätzlich noch die Verordnung (EU) 2020/852 (oft auch kurz: Taxonomie-Verordnung)[2], welche zusätzliche Änderungen bzw. detailliertere Informationen zur SFDR beinhaltet. Die Taxonomie-Verordnung wurde am 18. Juni 2020 veröffentlicht und bestimmte Teile davon treten ab dem 1. Januar 2022 bzw. 1. Januar 2023 in Kraft.

    Wen betrifft die SFDR?

    Betroffen von den Anforderungen aus der SFDR sind vor allem s.g. „Finanzmarktteilnehmer“ zu (siehe Art. 2, VO (EU) 2019/2088) – dazu zählen unter anderem Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Kreditinstitute (z.B. Banken) und auch die Kapitalverwaltungsgesellschaften (z.B. die Emittenten von Fonds und ETFs).

    Wie ist die rechtliche Situation einer EU-Verordnung wie die SFDR?

    Eine s.g. Regulation bzw. Verordnung wie die SFDR, welche im Amtsblatt der Europäischen Union als Rechtsvorschrift veröffentlicht wird, „ist ein verbindlicher Rechtsakt, den alle EU-Länder in vollem Umfang umsetzen müssen“[3]. Das bedeutet: Die festgelegten Vorschriften gelten auch ohne nationales (bspw. Deutsches) Gesetz.

    Im Gegensatz dazu gibt es noch s.g. „Richtlinien“, welche von den einzelnen Ländern der EU als eigene Rechtsvorschrift umgesetzt werden – also nicht unmittelbar und verbindlich in jedem Mitgliedstaat gelten.

    2. SFDR-Kategorie / -Klassifizierung

    Eine für uns Verbraucher wichtige SFDR-Anforderung an Finanzinstitute, die in der EU Finanzprodukte anbieten, ist die Pflicht zur Klassifizierung bestimmter Finanzprodukte in „Nachhaltigkeitskategorien“ (SFDR-Kategorien) – beispielsweise für Fonds (und dazu zählen auch ETFs).

    Diese Kennzeichnung erfolgt entweder auf den Websites der Fondsanbieter oder auch im Fondsprospekt (teilweise auch im Factsheet) zum jeweiligen Produkt.

    Grundsätzlich wird zwischen drei SFDR-Kategorien unterschieden:

    1. Artikel 6
    2. Artikel 8
    3. Artikel 9

    Vereinfachte Erklärung der SFDR-Kategorien gemäß VO (EU) 2019/2088 (Eigene Darstellung)

    Artikel 6 – alle traditionellen Finanzprodukte

    Gemäß Artikel 6 der SFDR müssen alle Fonds Nachhaltigkeitsinformationen offenlegen, also „nachhaltige“ und „nicht-nachhaltige“ Fonds. Wenn Fonds nach „Artikel 6“ klassifiziert wurden, bedeutet das, dass diese keine oder nur in geringem Umfang Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen und nicht unter die anderen zwei Kategorien „Artikel 8“ oder „Artikel 9“ fallen.

    Artikel 8 – die hellgrünen oder ESG-Produkte

    Fonds, die nach „Artikel 8“ eingestuft werden, sind Finanzprodukte, die „unter anderem ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination aus diesen Merkmalen“[1] bewerben. Vereinfacht ausgedrückt, Finanzprodukte, die Nachhaltigkeitsmerkmale aufweisen bzw. mit diesen beworben werden. Häufig werden diese auch als „hellgrün“ oder auch als „ESG-Produkte“ bezeichnet.

    Artikel 9 – die dunkelgrünen oder Impact-Produkte

    Fonds, klassifiziert nach „Artikel 9“, sind Finanzprodukte, mit denen ‚eine nachhaltige Investition angestrebt‘ wird. Etabliert hat sich unter anderem die vereinfachte Erklärung, dass eine Nachhaltigkeitswirkung angestrebt oder ein explizites Nachhaltigkeitsziel verfolgt wird. Im Fachjargon häufig auch als „dunkelgrün“ oder teilweise „Impact-Fonds“ bezeichnet.

    3. (Noch) fehlt eine einheitliche Begriffsdefinition

    Leider hat sich bisher noch kein einheitlicher Begriff für die drei Kategorien in der Praxis etabliert. Viele Fondsanbieter verwenden (noch?) unterschiedliche Begrifflichkeiten für die gleiche regulatorische Anforderung nach SFDR (siehe dazu auch die unten stehende Tabelle).

    Darüber hinaus unterscheidet sich die Darstellung bzw. Offenlegung teilweise erheblich: Einige Anbieter nutzen Fußnoten und verweisen in Prosa auf die SFDR inklusive der jeweiligen Klassifizierung in den Fondsprospekten oder auf der Webseite (bzw. eine Kombination). Andere Anbieter verweisen eher prominent in den Eckdaten bzw. in einer tabellarischen Übersicht auf die jeweilige Kategorie.

    Emittent / FondsgesellschaftBegriff für die SFDR Klassifizierung nach VO (EU) 2019/2088 in Prospekten oder Website
    AmundiNachhaltigkeitskategorie
    BNP ParibasSFDR article
    Credit SuisseKeine Angabe in Fondsprospekt*
    DEKAKeine Angabe in Fondsprospekt*
    DWSProduktklassifizierung gemäß Verordnung (EU) 2019/2088
    HSBCKeine Angabe in Fondsprospekt*
    iShares / BlackrockSFDR-Klassifizierung
    LyxorKeine Angabe in Fondsprospekt*
    UBSIn Fußnote beschrieben.
    VanguardIn Fußnote als „EU-SFDR“-Einstufung beschrieben.
    Unterschiedliche Begriffe für die Klassifizierung nach Artikel 6, 8 und 9 der SFDR (Eigene Recherche, Stand: Juni 2021). *Basierend auf eigenen Recherchen zu einzelnen Stichproben verschiedener Aktien-Fonds.

    Fazit

    Seit März 2021 finden wir Verbraucher bei Fonds (z. B. ETFs) Hinweise zur Nachhaltigkeit des Finanzprodukts in Form von drei möglichen Ausprägungen: „Artikel 6“, „Artikel 8“ und „Artikel 9“. Meist sind diese auf den Websites der Anbieter oder in den Fondsprospekten bzw. Factsheets aufgeführt. Im Banken-Jargon sind häufig auch die Bezeichnungen „hellgrün“ (für Artikel 8 Fonds) und „dunkelgrün“ (für Artikel 9 Fonds) vorzufinden.

    Auch wenn Verbrauchern mit Interesse für nachhaltige Finanzprodukte die Auswahl bzw. Vergleichbarkeit etwas erleichtert wird, ob bzw. wie „nachhaltig“ ein Finanzprodukt ist, gibt es aktuell (Juni 2021) noch keine einheitliche Bezeichnung für die Klassifizierung der „Nachhaltigkeit“. Einige Fondsgesellschaften verwenden den Begriff „SFDR Klassifizierung“ andere „SFDR Kategorie“ und teilweise gibt es auch exotischere Bezeichnungen wie „Produktklassifizierung gemäß Verordnung (EU) 2019/2088“.

    Hoffentlich wird sich zukünftig ein einheitlicher Begriff für diese Art von Klassifizierung durchsetzen, damit wir Verbraucher bei den verschiedenen Anbietern einfacher die jeweilige Kategorie erkennen können.

    Anmerkungen & Quellen

    Titelbild: Markus Spiske (Unsplash)

    [1] Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor.
    https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2019/2088/oj

    [2] Verordnung (EU) 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088.
    https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2020/852/oj

    [3] Europäische Union: Verordnungen, Richtlinien udn sonstige Rechtsakte.
    https://europa.eu/european-union/law/legal-acts_de

  • Wie beliebt ist nachhaltiges Investieren wirklich?

    Wie beliebt ist nachhaltiges Investieren wirklich?

    Nachhaltiges Investieren scheint im Trend – die Nachfrage steigt und auch das Angebot an Möglichkeiten zur „nachhaltigen Geldanlage“ wird in Deutschland immer größer.

    Das Angebot an ESG-Fonds und ESG-ETFs ist 2020 so stark gewachsen wie noch nie

    Wer nachhaltig Investieren möchte, hat dazu mittlerweile viele Anlagemöglichkeiten zur Auswahl. Beliebt sind auch börsengehandelte nachhaltige Anlageprodukte, wie beispielsweise Fonds (genauer: Investmentfonds), welche oft mit dem Zusatz ESG als nachhaltige Fonds gekennzeichnet sind.

    Laut Scope Analysis[1] ist die Zahl neu zugelassener ESG-Fonds in Deutschland zum 31.12.2020 das sechste Jahr in Folge gestiegen. In Deutschland waren insgesamt mehr als 1.400 ESG-Fonds zugelassen. Als ESG-Fonds werden Investmentfonds bezeichnet, die bei ihren Anlagen ökologische und soziale Faktoren sowie Grundsätze einer guten Unternehmensführung (ESG-Säulen) berücksichtigen.

    Im Jahr 2020 wurden insgesamt 249 neue ESG-Fonds aufgelegt. Das entspricht einem deutlichen Anstieg (rund +45 %, 172 ESG-Fonds im Jahr 2019) neu zugelassener Fonds, die ESG-Kriterien berücksichtigen.

    Bei Betrachtung nachhaltiger ETF-Produkte, s.g. ESG-ETFs wird deutlich, dass das Wachstum im Jahr 2020 dort besonders groß war. Laut Scope waren 84 der 249 neuen ESG-Fonds s.g. ESG-ETFs, das sind fast doppelt so viele wie im Jahr 2019 (siehe dazu auch unten stehende Abbildung).


    Anzahl neu aufgelegter ESG-Fonds und ESG-ETFs in Deutschland von 2010 bis 2020 (Eigene Darstellung basierend auf [1])

    Aktienfonds machen weiterhin insgesamt (ESG-Fonds) und auch bei ESG-ETFs den größten Anteil aus. Rund die Hälfte der 165 aktiv gemanagten ESG-Fonds investiert in Aktien. Bei den 84 passiven ESG-ETFs entfallen laut Scope rund 80 % auf Aktienfonds.[2]

    Die Nachfrage nach ESG-Fonds stieg ebenfalls

    Die Nachfrage nach ESG-Fonds kann vereinfacht im verwalteten Vermögen der ESG-Fonds gemessen werden. Laut Scope Analysis‘ ESG Quarterly Q2 2021[2] waren im ersten Quartal 2021 mehr als 700 Mrd. EUR verwaltetes Vermögen in mehr als 1.500 ESG-Fonds (Stand: 31.03.2021). Das Fondsvolumen hat sich in den letzten drei Jahren damit mehr als verdoppelt. Wie auch bei der Anzahl der ESG-Fonds in Deutschland entfällt ein Großteil des verwalteten Vermögens auf Aktienfonds: Laut Scope fast 60 % (mehr als 400 Mrd. EUR).

    Update Juli 2021: Großteil der nachhaltigen Fonds sind nach Artikel 8 SFDR klassifiziert

    Seit März 2021 müssen Investmentfonds in s.g. Nachhaltigkeitskategorien klassifiziert werden. Basierend auf der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)[4], auf Deutsch häufig „Offenlegungsverordnung“ bzw. „Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“, muss Auskunft darüber gegeben werden, in welchem Ausmaß Fonds „nachhaltig“ sind.

    Dazu wird aktuell zwischen der Kategorisierung Artikel 8 und Artikel 9 (-Fonds) unterschieden, bzw. in diese SFDR-Kategorien eingeordnet:

    • Artikel 8: Oft auch hellgrüne Fonds genannt, werden beispielsweise mit ESG-Kriterien beworben.
    • Artikel 9: Häufig auch als dunkelgrün bezeichnet, sind Fonds mit einem expliziten Nachhaltigkeitsziel.

    Scope Analysis hat die Anzahl der nachhaltigen Fonds ermittelt und kam zu dem Ergebnis, dass insgesamt knapp 23 % aller in Deutschland zugelassenen Fonds als nachhaltige Fonds (Investmentfonds) eingestuft werden – also nach Artikel 8 oder 9.[3]

    Allein auf Aktienfonds bezogen waren es laut Scope 28,1 % die nach Artikel 8 oder 9 klassifiziert wurden. Rund 1.200 Aktienfonds sind nach Artikel 8 („hellgrün“) und rund 260 Aktienfonds nach Artikel 9 (“dunkelgrün“) klassifiziert (siehe dazu auch Abbildung unten).


    Anzahl neu aufgelegter ESG-Fonds und ESG-ETFs in Deutschland von 2010 bis 2020 (Eigene Darstellung basierend auf [1])

    Anmerkungen & Quellen

    Titelbild: Nathália Rosa (Unsplash)

    [1] Scope Analysis: ScopeExplorer – ESG Quarterly Q1 2021 ESG-Fondsmarkt mit Rekordwachstum (01.03.2021).
    https://www.scopeexplorer.com/files/get/?name=news.ReportFile/bytes/filename/mimetype/ScopeExplorer_ESG_Quarterly_Q1_2021_Mar.pdf

    [2] Scope Analysis: ScopeExplorer – ESG Quarterly Q2 2021 ESG-Fonds Angebot wächst weiter dynamisch (18.05.2021).
    https://www.scopeexplorer.com/files/get/?name=news.ReportFile/bytes/filename/mimetype/ScopeExplorer_ESG_Quarterly_Q2_2021_May.pdf

    [3] Scope Analysis: ScopeExplorer – ESG Quarterly Q3 2021 Fast jeder vierte Fonds Artikel oder 9 (29.07.2021).
    https://www.scopeexplorer.com/files/get/?name=news.ReportFile/bytes/filename/mimetype/ScopeExplorer_ESG_Quarterly_Q3_2021_Jul.pdf

    [4] Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor.
    https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2019/2088/oj