Er hat es schon wieder getan.

Morgan Housel, der Bestsellerautor von Psychology of Money (dt. Über die Psychologie des Geldes), der über die Anlegerpsychologie und Verhalten langfristiger Anleger schreibt, hat ein neues Buch veröffentlicht: Same as Ever.

Ein Buch über „Dinge, die sich niemals ändern“.

In 23 kurze Geschichten beschreibt Housel, was sich in einer ständig veränderten Welt niemals ändert. Mit zeitlosen Weisheiten, die – wenn wir diese erkennen – vielleicht bessere Entscheidungen treffen können, egal, was unsere Zukunft bringt.

Hier sind 7 Dinge, die ich daraus gelernt habe – und die wahrscheinlich jeder mal gehört haben sollte:

1. Risiko ist das, was wir nicht kommen sehen

Das größte Risiko ist immer, was niemand kommen sieht. Denn wenn niemand etwas kommen sieht, ist niemand darauf vorbereitet. Und da niemand vorbereitet ist, schlägt das Ereignis mit voller Wucht ein.

Was ist überhaupt Risiko?

Risiko ist, was übrig bleibt, nachdem man sich gegen alles gewappnet hat, das man sich ausmalen konnte.

Auch wenn die großen Neuigkeiten der letzten 100 Jahre betrachten – Covid-19, Anschläge vom 11. September 2001, Pearl Harbor, der Börsencrash von 1929, sie alle hatten eines gemeinsam: Sie kamen völlig überraschend. Housel beschreibt verschiedene Geschichten zu diesen Ereignissen, dass niemand diese auf dem Radar hatte.

Hinterher sind wir selbstverständlich immer küger und wissen es besser – typischer Hindsight Bias.

Der Economist veröffentlichte beispielsweise im Januar 2020 eine Prognose für das kommende Jahr – das „Covid-Jahr“. Der Begriff taucht nicht auf. Und in der Januarausgabe 2022 wird die kurz zuvor anstehende Invasion der Ukraine durch russische Truppen mit keinem Wort erwähnt.

Housel hat noch weitere Beispiele aufgeführt.

Und klar, beide Ereignisse waren in den Monaten zuvor nicht vorherzusehen. Und genau darum geht es Housel:

Die größten Neuigkeiten, die größten Risiken, die folgendschwersten Ereignisse sind immer jene, die man nicht kommen sieht.

Risiken gehören zu unserem Leben. Wir können definitionsgemäß wenig daran ändern und es uns schon gar nicht darauf vorbereiten.

Aber wir können unsere Einstellung gegenüber Risiken ändern. Und für unsere eigenen Finanzen könnte das bedeuten, dass wir vielleicht fast schon zu viel sparen sollten. Damit unsere Rücklagen immer größer sind, also wir glauben.

2. Geschichten sind mächtiger als Zahlen, Fakten oder Daten

Gewinnt die beste, richtige oder vernünftigste Idee – oder die beste Geschichte?

Es schwirren einfach zu viele Informationen in unserer Welt herum, als dass wir in aller Ruhe die Daten durchgehen könnten, auf der Suche nach der klügsten, besten Lösung. Wir Menschen […] lassen uns von einer guten Geschichte allemal eher überzeugen als von eiskalten Zahlen. […] Wer […] die richtige Lösung weiß und tolle Geschichten erzählt, kommt fast sicher zum Erfolg.

Housel beschreibt die Geschichten über „Geschichtenerzähler“ wie Yuval Noah Harari, der dafür kritisiert wurde, nichts Neues zum [menschlichen] Wissen beizutragen. Trotzdem wurde er zu einem der populärsten Autoren der Gegenwart. Harari fasste es einfach besser zusammen, nahm bekanntes und verpackte es mit guten Geschichten. Weitere Beispiele führt Housel zu guten Geschichten von Charles Darwin, Benjamin Graham und Elon Musk auf, die vor allem durch ihre Geschichten in Erinnerung blieben.

Laut Housel sollten wir uns zwei zentrale Fragen stellen, wenn es um gute Stories geht:

  1. Welche richtige Lösung ignorieren wir, weil sie nicht gut präsentiert wird?
  2. Welche vermeintliche Wahrheit ist in Wirklichkeit nur gutes Marketing?

3. Gute Dinge brauchen manchmal Zeit, nicht alles können wir künstlich beschleunigen

Wir versuchen gerne „Prozesse“ jenseits des Möglichen zu beschleunigen. Wenn beispielsweise jemand ein gutes – also „lukratives Investment“ – findet, kommt schnell die Frage auf, so Housel: Können wir das noch schneller haben/machen?

Die Geschichte kennt unzählige Beispiele dafür, dass brillante Ansätze zu weit getrieben wurden. Man überfrachtet gute Ideen mit Ansprüchen, forderte zu viel in zu kurzer Zeit. Dabei haben die meisten Dinge eine natürliche Größe und Dauer. Missachtet man diese Grenzen, geht das ganz schnell nach hinten los.

An der Börse beschreibt Housel das Beispiel, das wahrscheinlich vielen bekannt sein wird. Langfristig können Investitionen in Aktien an der Börse ein Vermögen bringen. Wer vorzeitig aussteigt, wird dagegen häufig mit einer Buße bestraft. Zumindest, wenn es bei Aktien um breit gestreute Portfolios aus Aktien geht. Housel macht das am Beispiel von US-Aktien.

Je kurzfristiger man anlegt, desto mehr Glück braucht man, um Gewinn zu machen, und desto eher drohen ruinöse Verluste.

Wer also diesen „natürlichen, passenden Zeithorizont“ verkürzen will, wird häufig mit einer Buße bestraft.

Und auch in anderen Disziplinen – oder anderen tollen Dingen im Leben, wird gerne der Versuch unternommen, Prozesse zu beschleunigen: Kreativität, Liebe oder Karriere.

Es braucht Geduld, etwas wachsen zu lassen, und Knappheit, damit man das Endergebnis zu schätzen weiß. Aber was machen Menschen am liebsten, wenn sie Großes vorhaben? Sie versuchen, Prozesse künstlich zu beschleunigen und Wachstum zu forcieren.

4. Ein bisschen Ineffizienz kann eine tolle Sache sein

Laut Housel hassen wir Menschen es, Gelegenheiten zu verpassen. Es sei ganz natürlich, möglichst viel Effizienz und Perfektion aus allem herauszuquetschen. Aber Perfektion hat „eine oft übersehene Schattenseite“.

Erfolgreiche Menschen, die in ihrem Tagesplan bewusst freie Zeiten lassen, in denen sie sich nichts Besonderes vornehmen, glauben oft, sie verschwendeten ihre Zeit. Genau deshalb packen die meisten ihren Tag absolut voll.

Housel zitiert Amos Tversky, ein Psychologe, der dazu sagt: „Wenn wir in unserem Job kreativ sein oder Probleme durchdenken müssen, dann arbeiten wir vielleicht am produktivsten, wenn wir […] im Park spazieren.“

Ein bisschen Ineffizienz kann also eine tolle Sache sein. Housel beschreibt einige Geschichten über die Arbeitswelt, dass häufig Pausen nicht zugelassen werden. Dass wir kaum unseren Vorgesetzten davon berichten könnten, wie wir am besten Probleme lösen, in dem wir auf der Couch liegen oder Spazieren gehen.

Viele Menschen sollen Gedankenarbeit verrichten, haben aber kaum Zeit zum Nachdenken.

Und auch bei der Geldanlage kann „Ineffizienz“ manchmal nützlich oder förderlich sein..

„Totes“ Kapital auf dem Bankkonto sorgt während einer Hausse für entgangene Gewinne und stellt damit eine Ineffizienz dar. Während einer Baisse jedoch ist flüssiges Kapital wertvoll wie Sauerstoff. Ein Hebel stellt die effizienteste Methode dar, Riesengewinne einzufahren – und die einfachste Methode, alles zu verlieren. Konzentration ist die beste Art, Renditen zu maximieren, doch Diversifikation verbessert die Chance […].

5. Anreize können Menschen dazu verleiten, fast alles zu rechtfertigen und zu verteidigen

Gute und ehrliche Menschen können durch Anreize zu verrücktem Verhalten verleitet werden, weshalb man die Wahrscheinlichkeit leicht unterschätzt, dass die Welt aus den Fugen gerät.

Etwas theatralisch vielleicht, aber wie Housel so schön aufführt: „von Kriegen über Rezessionen, Betrügereien, Firmenpleiten und Marktblasen“, das passiert alles häufiger als wir glauben. Weil sich die moralischen Grenzen, was wir bereit sind zu tun, durch bestimmte Anreize verschieben können. Aber das gilt laut Housel auch andersrum. Mit den richtigen Anreizen wird oder kann auch viel gutes Getan werden.

Eine gute Frage lautet: „Welche meiner aktuellen Ansichten würde ich unter anderen Anreizen ändern?“.

Wenn wir darauf mit „keine“ antworten, haben die Anreize unseren Verstand vermutlich bereits ausgeschaltet und uns blind für die Realität gemacht.

Klingt hart, ist aber wahrschienlich viel Wahres dran.

6. Nichts überzeugt uns mehr als das, was wir selbst erlebt haben

Man kann noch so viel lesen, studieren und sich in andere einfühlen – was man selbst zu tun bereit ist, was man selbst will und wie weit man selbst zu gehen bereit ist, erfährt man erst, wenn man sich selbst in einer entsprechenden Situation befindet.

Bevor wir etwas selbst erlebt haben, ändern wir ständig unsere Präferenzen und haben nur wenig Ahnung, wie wir auf extreme Situationen reagieren.

Wir bilden uns gerne ein, wir wüssten, wie sich etwas anfühlt. Dann verspüren wir etwas am eigenen Leib und merken: Ah, okay, es ist komplizierter als gedacht. Dann erst verstehen wir.

7. Vorsätze sind leicht gesetzt, schwierig aber ist die Umsetzung

Wir nehmen uns gerne vor, langfristig zu denken. Tatsächlich fällt uns das aber enorm schwer. Die meisten Menschen wissen, dass langfristiges Denken die richtige Strategie wäre, bei der Geldanlage, im Beruf, in Beziehungen […]. Doch der Vorsatz, langfristig zu denken, ähnelt dem Vorsatz, den Mount Everest zu besteigen.

Es lohnt sich trotzdem langfristig zu denken – und zwar mehr als wir uns vorstellen können. Und klar, es hat seinen Preis, langfristig zu handeln. Wer es tatsächlich möchte, sollte laut Housel folgenden Dinge verstehen:

  1. Die Langstrecke ist schlicht eine Abfolge von Kurstrecken, die wir ertragen müssen
  2. Es reicht nicht, dass wir alleine langfristig denken. Auch unsere Kollegen, Partner und Freunde müssen mitziehen
  3. Geduld ist oft verkappte Sturheit
  4. Bei Langfristigkeit geht es weniger um den Zeithorizont als vielmehr um Flexibilität

Fazit: Zeitlose Weisheiten für unseren Umgang mit Geld

Alle Optimisten, oder alle, die ein bisschen mehr Datenpunkte dafür benötigen, warum es sich lohnt positiv in die Zukunft zu schauen – sollten einen Blick in Morgan Housel’s neues Buch „Same as Ever“ werfen.

Das Buch gibt es beispielsweise hier – es lohnt sich.


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Anmerkungen & Quellen


Daten und Informationen, Stand: 03.12.2023

Titelbild: Izabel auf Unsplash

Housel, M. (2020). The Psychology of Money: Timeless lessons on wealth, greed, and happiness. Harriman House Limited.

Housel, M. (2023). Same as Ever: 23 Geschichten über Dinge, die sich niemals ändern werden. Finanzbuch Verlag.