Geld erfolgreich anzulegen, Vermögen aufzubauen oder die Altersvorsorge zu sichern – all das erfordert weder ein besonderes Talent noch einen akademischen Abschluss. Jeder kann es lernen. Doch wer sich intensiver mit Themen wie ETFs oder Vermögensaufbau beschäftigt, kann schnell der Meinung sein, bereits alles Wichtige zu wissen. Meine steile These: Das ist für die meisten von uns, mich eingeschlossen, schlichtweg falsch.
In diesem Artikel schauen wir uns deshalb 12 knifflige Finanzfragen für Fortgeschrittene und Profis an. Welche Renditen können Anleihen langfristig abwerfen? Wozu dient die Standardabweichung unserer Rendite? Und was hat es mit der mentalen Buchführung auf sich?
Teste Dein Finanzwissen selbst und finde heraus, wie sicher Du Dir wirklich bist!
Warum überschätzen wir oft unser Finanzwissen?
Beim Lernen und der Aufnahme neuer Informationen gibt es ein bekanntes Sprichwort:
Je inkompetenter eine Person, desto größer das Selbstbewusstsein.
Auch, wenn es um unser Finanzwissen geht, ist dieses Sprichwort zu beobachten. Der Verlauf kann folgendermaßen beschrieben werden:
- Überschätzung: Wenn wir zum ersten Mal viele neue Informationen zu Finanzen aufnehmen, neigen wir dazu, uns zu überschätzen. Unser Selbstvertrauen ist hoch, obwohl unser Wissen noch sehr begrenzt ist.
- Tal der Verzweiflung: Mit zunehmendem Wissen und Verständnis nimmt das Selbstvertrauen oft ab. An diesem Punkt erkennen wir, dass das Thema Finanzen komplexer ist, als wir ursprünglich dachten.
- Langsame Verbesserung: Mit steigender Kompetenz entwickelt sich ein realistisches Bild unserer Fähigkeiten. Dies ist ein wichtiger Schritt, bevor wir teure Fehler machen.
Übrigens wird dieser Verlauf häufig fälschlicherweise mit dem „Dunning-Kruger-Effekt“ beschreiben. Auch wenn der die anfängliche Überschätzung und der darauffolgende Abfall des Selbstvertrauens – oder „Mount Stupid“ – von Dunning und Kruger wissenschaftlich nicht beobachtet werden konnte, ist es für die Praxis ein doch anschauliches Bild und scheint nachvollziehbar.
Wie sieht es in der breiten Bevölkerung mit dem Finanzwissen aus?
Neigen wir als Gesellschaft zu übermäßigem Selbstvertrauen, auch im Bereich Finanzen?
Eine globale Finanzbildungsstudie der OECD von 2023 zeigte, dass Erwachsene in Deutschland im internationalen Vergleich mit 39 OECD Ländern ein überdurchschnittlich hohes Finanzkompetenzniveau haben.
Doch hinter dieser Aussage verbirgt sich ein Problem: Die getestete Kompetenz basiert oft auf relativ einfachen Fragen. Dies könnte bei vielen zu einem überzogenen Selbstvertrauen führen.
Auch wenn einfache Tests positive Ergebnisse liefern, bleibt die Realität beim Thema Vermögensaufbau und Altersvorsorge komplexer. Es gibt immer noch mehr zu lernen – und die Komplexität der Finanzwelt sollte nicht unterschätzt werden.
Was ist Finanzwissen für Fortgeschrittene?
Welche Themen solltest Du beim Thema Geldanlage, Vermögensaufbau und Altersvorsorge noch kennen, die sich tendenziell eher an Fortgeschrittene richten?
Ich habe dazu 12 Fragen für Fortgeschrittene und die, die es werden wollen, zusammengestellt (hier findet ihr noch mehr Quizze und die Inspirationsquelle).
Frage 1: Staatsanleihen und langfristige Rendite
Wer im Jahr 1970 damals 1.000 USD in eine bis zum Jahr 2024 reichende Serie an US-Staatsanleihen investiert hätte, wie viel Geld hätten wir dann ungefähr Anfang 2024?
A: 300 USD
B: 3.000 USD
C: 30.000 USD
D: 300.000 USD
Frage 2: Staatsanleihen und Inflation
Selbe Situation und Investment, aber mit Berücksichtigung von Inflation: Wer im Jahr 1970 damals 1.000 USD in eine bis zum Jahr 2024 reichende Serie an US-Staatsanleihen investiert hätte, wie viel wären die 1.000 USD nach Berücksichtigung von Inflation Anfang 2024 wert?
A: 240 USD
B: 780 USD
C: 1.600 USD
D: 3.900 USD
Frage 3: Aktienindex und langfristige Rendite
Wer im Jahr 1970 damals 1.000 USD in einen US-Aktienmarkt-Index mit den 500 größten Unternehmen investiert hätte, wie viel wären im Jahr 2024 ungefähr im Depot? Annahme: Alle Dividenden wurden reinvestiert.
A: 89.000 USD
B: 192.000 USD
C: 375.000 USD
D: 1.100.000 USD
Frage 4: Langfristiges Depotvermögen und jährliche Rendite
Welche jährlichen Rendite würde diese Wertsteigerung der Einmalanlage von 1.000 USD auf rund 192.000 USD im Zeitraum von über 50 Jahren (ungefähr) entsprechen?
A: 4 %
B: 7 %
C: 10 %
D: 12 %
Frage 5: Risiken an der Börse
Klingt schön und gut, aber wie die meisten wahrscheinlich wissen, birgt der Aktienmarkt auch Risiken. Was versteht man unter dem Risikobegriff „Volatilität“?
A: Jährliche größte Differenz zwischen Höchst- und Tiefkurs
B: Standardabweichung der Renditen
C: Maximalen Verlust in der Vergangenheit
D: Durchschnittliche Schwankung des Aktienkurses pro Monat
Frage 6: Gefühl für Volatilität
Jetzt noch zur Einordnung von Volatilität: Wie hoch war die Volatilität jährlicher Renditen des US-Aktienmarkts von 1970 bis 2024?
A: 5 % pro Jahr
B: 10 % pro Jahr
C: 20 % pro Jahr
D: 40 % pro Jahr
Frage 7: Gefühl für maximale Verluste
Ein weiterer Risikobegriff beschreibt den maximalen Verlust eines Investments vom Höchststand bis zum tiefsten Punkt innerhalb einer Periode. Dieser sogenannte „Maximum Drawdown“ zeigt uns, was wir seit dem Zeitpunkt des Hochstandes an Rendite verloren hätten.
Wie hoch war der Maximum Drawdown des US-Aktienmarktes S&P500 von 1970 bis 2024?
A: -32 %
B: -56 %
C: -69 %
D: -84 %
Frage 8: Risiko und Rendite Fortgeschritten
Kombinieren wir Rendite und Risiko. Welcher Begriff beschreibt das Verhältnis der Überrendite (Rendite über dem risikofreien Zins) eines Investments und dem eingegangenen Risiko in Form der Volatilität? ((Rendite des Portfolios)-(Risikofreier Zinssatz)) / Volatilität
A: Risiko-Rendite-Verhältnis
B: Verlustquote
C: Sharpe Ratio
D: P/E Ratio
Frage 9: Kognitive Verzerrungen, oder Denkfehler für Fortgeschrittene: Hätte, hätte, …
Wir lesen folgenden Kommentar: „Ich wusste es doch schon immer, ich hätte damals in Apple und Amazon investieren sollen.“
Welche kognitive Verzerrung beschreibt diese Aussage wahrscheinlich?
A: Rückschaufehler
B: Bestätigungsfehler
C: Kontrollillusion
D: Verfügbarkeitsheuristik
Frage 10: Kognitive Verzerrungen: Logische Schlussfolgerungen
Du hörst in Deinem Umfeld wird diskutiert, dass man doch in ein internationales Traditionsunternehmen aus der Umgebung investieren könnte, da bisher alle von der Produktqualität überzeugt sind.
Was könnte man an dieser Argumentation kritisieren?
A: Home-Bias
B: Mentale Buchführung
C: Eine schwierige Entscheidung, wird durch eine einfache irrelevante ersetzt.
D: Verfügbarkeitsheuristik
Frage 11: die Richtige Wahl
Deine Eltern haben ein teures Finanzprodukt gekauft, das seitdem schlechter performt hat als ein breit gestreuter globaler ETF. Die Eltern weigern sich jedoch, das Produkt zu verkaufen, da sie ja schon „so viel an Gebühren investiert haben“.
Welchen Denkfehler beschreibt die Begründung der Eltern?
A: Versunkene Kosten
B: Rückschaufehler
C: Ankerheuristik
D: Bestätigungsfehler
Frage 12: Große Anschaffungen finanzieren
Deine Eltern haben sich ein neues Auto für 60.000 EUR gekauft und finanzieren dies mit einem Zinssatz von 5 %. Gleichzeitig haben die Eltern noch 60.000 EUR auf einem Sparkonto liegen, das mit jährlich 2 % verzinst wird.
Welches Phänomen führt zu derartigen Entscheidungen?
A: Prospect Theory
B: Ankereffekt
C: Irrationale Nutzenmaximierung
D: Mentale Buchführung
Wie viele der 12 Fragen konntest Du richtig beantworten?
Weniger als 5 richtige Antworten:
Da ist noch Luft nach oben!
Aber keine Sorge – aus Fehlern können wir lernen. Ein solides fortgeschrittenes Finanzwissen hilft uns, bessere Entscheidungen zu treffen – sowohl an den Finanzmärkten als auch im Alltag. Also nicht entmutigen lassen, sondern dranbleiben!
5 bis 7 richtige Antworten:
Solide Leistung!
Du scheinst kein Neuling an der Börse zu sein und verstehst die Grundlagen von Investments. Hoffentlich konntest Du trotzdem ein paar neue Erkenntnisse gewinnen.
Es sieht so aus, als hättest Du Dich bereits mit dem Thema Finanzen und Geldanlage, beschäftigt. Wenn nicht, dann hast Du jetzt einen guten Anlass, tiefer einzusteigen.
Mehr als 8 richtige Antworten:
Sehr gut!
Du kennst Dich bestens an den Finanzmärkten aus und hast ein feines Gespür für Rendite und Risiko und auch kognitive Verzerrungen. Das sind hervorragende Voraussetzungen für erfolgreiche Anlageentscheidungen – weiter so!
Die Fragen sind (noch) zu schwer?
Sollten diese Fragen Dein derzeitiges Finanzwissen übersteigen, ist das kein Problem! Mache den einfachen Finanztest der OECD (Hier findest Du den Test zum Durchklicken oder hier das dazugehörige Video zum anschauen).
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Lass es uns gerne wissen und kontaktiere uns via: [email protected]
Wir versuchen uns zeitnah bei Dir zu melden bzw. Deine Anmerkung(en) einzuarbeiten.
Vielen Dank!
Anmerkungen & Quellen
Daten und Informationen, Stand: 08.09.2024
Titelbild: Priscilla Du Preez 🇨🇦 auf Unsplash
Fragenauswahl von Behavioral Finance e.V. (2024): Quizzes. https://www.behavioral-finance.de/forschung/quizzes/
Fidelity (2024): Risiken effektiv abschätzen mit Risikomaßen. Abgerufen am 13.09.2024. https://www.fidelity.de/wissen/tipps-and-strategien/risiko-kennziffern/sharpe-ratio/
OECD (2023), “OECD/INFE 2023 International Survey of Adult Financial Literacy”, OECD Business and Finance Policy Papers, No. 39, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/56003a32-en.
ODAD (2024): OfDollarsAndData.com, Nick Maggiulli. US Stock/Bond Historical Return Calculator.
OECD (2024), “Finanzbildung in Deutschland: Finanzielle Resilienz und finanzielles Wohlergehen verbessern”, No. 43, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/c20b27ac-de.
Kruger, J., & Dunning, D. (1999). Unskilled and unaware of it: How difficulties in recognizing one’s own incompetence lead to inflated self-assessments. Journal of Personality and Social Psychology, 77(6), 1121–1134. https://doi.org/10.1037/0022-3514.77.6.1121