Eine von vielen nachhaltigen Aktien-ETF Anlagemöglichkeiten bietet MSCI mit der s.g. ESG Screened Indexreihe an. Die ETFs mit dem Zusatz ESG Screened werden beworben als Fonds, die versuchen einen Index nachzubilden der keine Unternehmen beinhaltet, „die mit umstrittenen Waffen, Atomwaffen, Tabak, thermischer Kohle, Ölsand, zivilen Schusswaffen in Verbindung stehen und die Prinzipien des Global Compact der Vereinten Nationen verletzen“[1].

In diesem Artikel haben wir folgenden Fragen untersucht:

  1. Welche ESG Screened ETFs sind zum Handel in Deutschland zugelassen?
  2. Wie funktioniert die Index-Zusammenstellung der ESG Screened Indexfamilie?
  3. Welche Ausschlusskriterien werden im Detail für die ESG Screened Variante?
  4. Welche Positionen sind im Index bzw. ETF enthalten?

1. Welche ESG Screened ETFs gibt es zum Investieren?

„ESG Screened“ ist eine Indexfamilie von MSCI, welche bestimmte Regeln und Prinzipien verfolgt, um nachhaltiges Investieren mit Index-Anlagen zu ermöglichen.

Derzeit werden die ESG Screened Indizes von iShares (Blackrock) als ETF aufgelegt, welche wir über unseren Broker (Bank bzw. genauer: Verwahrstelle) erwerben können.

Derzeit gibt es sechs verschiedene Indizes, welche auf den ESG Screened Indexregeln basieren und durch Blackrock von zwölf ETFs angeboten werden. Die sechs verschiedenen Indizes sind sogenannte Elternindizes bzw. Aktienmärkte. Dazu zählen folgende Indizes:

  1. MSCI World
  2. MSCI EM IMI
  3. MSCI EMU
  4. MSCI Europe
  5. MSCI USA
  6. MSCI Japan.

Zu jedem dieser Indizes werden von Blackrock jeweils zwei ETFs aufgelegt, eine ausschüttende und eine thesaurierende ETF-Variante.[3]


Aktuell angebotene ESG Screened Indizes und ETFs (Eigene Darstellung basierend auf (3))

2. Wie funktioniert die Index-Zusammenstellung der ESG Screened Indexfamilie?

Wie der Name „ESG Screened“ bereits impliziert, stehen diese Indizes für eine „gefilterte“ nachhaltige Variante des jeweiligen Elternindex. Vereinfacht ausgedrückt verwendet MSCI einen einstufigen Filteransatz mit bestimmten Ausschlusskriterien, um Unternehmen von der nachhaltigen ESG Screened Variante auszuschließen.

Das bedeutet, aus der Grundgesamtheit der Vielzahl an Aktien aus dem Elternindex werden die Unternehmen ausgeschlossen, welche nicht den vorgegebenen Ausschlusskriterien entsprechen. Durch dieses Ausschlussprinzip verbleiben automatisch weniger Titel im nachhaltigen Ableger, als im originären Elternindex. Konkret bleiben je nach Elternindex zwischen 94 % und 97 % der Titel des Elternindex‘ in der nachhaltigen Variante (siehe dazu auch unten stehende Tabelle mit der Anzahl der Positionen zum Stand: 13.06.2021).

MSCI EuropeMSCI USAMSCI JapanMSCI WorldMSCI EMUMSCI EM IMI
Anzahl Titel Elternindex43462727215622373250
Anzahl Titel ESG Screened Variante41659026514812293137
Anzahl der Positionen je Elternindex und ESG Screened Variante (Stand: 13.06.2021)

ESG Screened Nachhaltigkeitsansatz – eine Filterstufe mit sieben Ausschlusskriterien

Grundsätzlich gilt für alle von MSCI mit dem Zusatz ESG Screened geführten Indizes das gleiche Prinzip, welches auch auf alle zwölf angebotenen ETFs von iShares zutrifft.

Das zulässige Indexuniversum für MSCI ESG Screened Indizes kann jeder bestehende MSCI Index (Elternindex) sein.

Frei übersetzt nach MSCI ESG Screened Indexes Methodology[2]

Durch eine Filterstufen in Form von sieben Ausschlusskriterien wird vom Elternindex der nachhaltige Ableger (siehe dazu auch die unten aufgeführte vereinfachte schematische Darstellung). Durch die sieben Ausschlusskriterien wird festlegt, nach welchen Kriterien Unternehmen vom ESG Screened Index ausgeschlossen werden:

  1. Kohle
  2. Ölsand
  3. Tabak
  4. Kontroverse Waffen
  5. Nuklearwaffen
  6. Zivile Schusswaffen
  7. UN Global Compact

MSCI gruppiert die sieben Ausschlusskriterien in die drei ESG-Säulen, Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung.


Schematischer Darstellung der ESG Screened Index-Regeln und Kriterien (Eigene Darstellung)

Elternindex – die berechtigten Unternehmen für die ESG Screened Variante

Als Basis für die ESG Screened Ableger werden alle Unternehmen aus dem jeweils geeigneten Elternindex in Betracht gezogen. Laut MSCI könnten theoretisch alle von MSCI aufgelegten Indizes mit den ESG Screened Filterregeln angewendet werden.

Ausschlussprinzip

MSCI verwendet eigenes Research, um die Unternehmen bzw. deren Tätigkeiten und Aktivitäten zu klassifizieren. Im Ausschlussprinzip wird das MSCI ESG Business Involvement Screening Research (BISR)[8] genutzt, um Unternehmen zu identifizieren, welche in bestimmte Aktivitäten involviert sind.

Unternehmen, die in den oben genannten Geschäftsaktivitäten involviert sind bzw. bestimmte Umsatzgrenzen und weitere Kriterien erreichen, werden ausgeschlossen (mehr Details dazu im nächsten Abschnitt).

4. MSCI ESG Screened Ausschlusskriterien

Die ESG Screened Index-Regeln[2] beschreiben detailliert, welche Branchen und Aktivitäten ausgeschlossen werden. Vereinfacht ausgedrückt werden für die meisten Kriterien Umsatzschwellen definiert, welche – wenn überschritten – zu einem Ausschluss vom ESG Screened Index führt oder auch bestimmte Funktionen bzw. Handlungen werden explizit ausgeschlossen (siehe dazu auch unten stehende Abbildung der Ausschlusskriterien im Detail).


ESG Screened Ausschlusskriterien im Detail (Eigene Darstellung basierend auf [2])

Wir haben analog zu MSCI die Ausschlusskriterien in die drei ESG Säulen gruppiert: Ökologische und soziale Aspekte sowie Ansätze der guten Unternehmensführung.

Ökologische Aspekte

Kohle

Für Aktivitäten im Bereich Kohleenergie werden alle Unternehmen ausgeschlossen, die 5 % oder mehr Umsatz aus dem Abbau s.g. thermischer Kohle erzielen. Dazu gehören jegliche Formen der Kohleenergie, also beispielsweise auch Braunkohle oder Steinkohle sowie Einnahmen aus der Stromerzeugung mit Kohlekraft.

Ausgenommen vom Ausschlusskriterium werden Unternehmen, die Kohleenergie für die unternehmenseigene Stromerzeugung verwenden oder wenn der Verkauf von geförderter Kohle konzernintern erfolgen.

Ölsand

Ölsand ist ein weiteres Ausschlusskriterium der ESG Screened Serie. Ausgeschlossen werden Unternehmen, die 5 % oder mehr Umsatz aus der Ölsandgewinnung erzielen oder auch wenn Umsätze aus eigenen Ölsandreserven erzielt werden.

Ausgenommen werden Unternehmen, deren Umsätze aus nicht-förderaktiväten stammen, also beispielsweise aus der Erforschung, Vermessung, Raffinerie oder Verarbeitung von Ölsandreserven. Ebenfalls nicht ausgeschlossen werden Unternehmen, die Ölsandreserven besitzen, aber keine Umsätze daraus erzielen.

Soziale Aspekte

Tabak

Ausgeschlossen werden jegliche Unternehmen, die als s.g. Tabakproduzent klassifiziert sind und alle Unternehmen, die 5 % oder mehr Umsatz aus Produktion, Vertrieb, Handel, Lieferung oder auch Lizenzierung von Tabakprodukten erzielen.

Kontroverse Waffen

Jegliche Verbindung zu kontroversen Waffen gemäß MSCI Global Ex-Controversial Weapons Indexes Regeln werden ausgeschlossen.

Nuklearwaffen

Unternehmen die im Bereich atomarer Waffen bzw. nuklearer Rüstung „Hersteller“ nuklearer Waffen, Komponenten und Trägerplattformen sind oder wenn diese unterstützende Dienstleistungen anbieten, werden ausgeschlossen. Das gilt unabhängig davon, ob die Produkte ausschließlich oder auch für andere Zwecke der nuklearen Rüstungsbranche verwendet werden können.

Zivile Schusswaffen

Alle als „Hersteller“ von zivilen Schusswaffen klassifizierte Unternehmen werden ebenfalls ausgeschlossen. Dazu zählt unter anderem auch die Herstellung von Munition. Darüber hinaus werden alle Unternehmen ausgeschlossen, die 5 % oder mehr Umsatz aus dem Vertrieb mit den Produkten aus der zivilen Rüstungsbranche erzielen.

Ausgenommen davon sind hingegen „Hersteller“ von zivilen Schusswaffen für das Militär, Regierung oder Strafverfolgung.

Gute Unternehmensführung

UN Global Compact

Unter den Merkmalen der guten Unternehmensführung verwendet MSCI den globalen Pakt der Vereinten Nationen. Alle Unternehmen, die gegen die 10 Prinzipien des UN Global Compacts verstoßen, werden ausgeschlossen. Zu den 10 Prinzipien gehören Themen wie der Schutz der Menschenrechte, Einhaltung von Arbeitsnormen und Umweltbewusstsein sowie die Korruptionsprävention[4].

4. Positionen im Index bzw. ETF

Häufig wird davon gesprochen, dass bestimmte nachhaltige Geldanlagen doch nicht „so“ nachhaltig sind, wie sie es vorgeben. Deshalb kann es häufig helfen, die enthaltenen Titel bzw. Positionen im Index bzw. ETF zu prüfen und für sich selbst entscheiden, ob der ETF für den eigenen Nachhaltigkeitsanspruch geeignet ist.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten zu prüfen, welche Titel im Index bzw. ETF gehalten werden:

  1. Über den Index-Anbieter oder
  2. den ETF-Anbieter.

Im unserem betrachteten Fall der ESG Screened Indexfamilie können wir entweder bei MSCI oder iShares (bzw. Blackrock) uns zu den gehaltenen Titel informieren.

Bei MSCI finden wir die gehaltenen Positionen jeglicher Indizes unter: https://www.msci.com/constituents

Beim ETF-Anbieter iShares müssen wir das entsprechende konkrete Finanzprodukt bzw. ETF suchen und dort finden wir derzeit oben rechts mit einem Excel-Symbol gekennzeichnet die Funktion „Herunterladen“. Diese Excel-Tabellen beinhalten darüber hinaus noch mehr Informationen als nur die gehaltenen Positionen – beispielsweise die Wertentwicklung, Ausschüttungen und auch zu jeder einzelnen Position werden Informationen wie an welcher Börse der Titel gehandelt wird und in welcher Währung. Unter folgender ETF-Suche bei iShares kann der gewünschte ETF gesucht werden: https://www.ishares.com/de/privatanleger/de/produkte/etf-investments

Fazit

Wer sich für ESG Screened ETFs interessiert – unabhängig vom abgebildeten Index (MSCI World, Europe, USA, etc.) – kann sich basierend auf einer Index-Broschüre dazu informieren. Aber zusammengefasst sind die ESG Screened Indizes bzw. ETFs im Vergleich zu anderen nachhaltigen ETFs, wahrscheinlich eher in der Stufe „Nachhaltigkeit light“ einzuordnen.

Denn durch das reine Ausschließen von Unternehmen basierend auf einfachen Regeln zu Umsatz und involvierter Branche bzw. Tätigkeit, werden verhältnismäßig wenig Unternehmen ausgeschlossen. Im Beispiel der aktuell angebotenen 6 Indizes sind zwischen 3 % und 6 % weniger Titel in den nachhaltigen Varianten enthalten.

Auch wenn ESG Screeend ETFs nicht passend ist bzw. nicht zu Euren persönlichen Nachhaltigkeitsgrundsätzen passt, kann folgende Checkliste bei der Auswahl eines geeigneten ETFs helfen:

  1. Immer vorab die Kriterien der Indexanbieter prüfen. Auch wenn das unter Umständen eine zeitaufwendige Aufgabe sein kann, hilft es im Detail zu prüfen, ob der jeweilige Index zu den individuellen Ansprüchen passt.
  2. Die Risikostreuung beachten. Der Aktienindex sollte das Risiko breit streuen und bevorzugt über verschiedene Länder und auch Branchen investieren.
  3. Die Replikationsart „physisch“ bevorzugen. Wenn wir nachhaltigen Anlagegrundsätzen folgen, wollen wir wahrscheinlich sichergehen, dass auch nur diese Aktien gekauft werden, welche den jeweiligen Kriterien des Index folgen. Deshalb wird häufig die vollständige oder optimierte physische Replikationsmethode empfohlen. Das bedeutet, besser keine Swap-basierten ETFs auswählen. Denn diese bilden zwar auch den Index ab, aber im Portfolio des ETF-Anbieters können auch andere Positionen sein, welche den persönlichen Nachhaltigkeitsgrundsätzen vielleicht nicht entsprechen.

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Anmerkungen & Quellen


Daten und Informationen, Stand: 13.06.2021

Titelbild: I on Unsplash

[1] Factsheets der ESG Screened ETFs, siehe u.a.
https://www.ishares.com/de/privatanleger/de/literature/fact-sheet/sawd-ishares-msci-world-esg-screened-ucits-etf-fund-fact-sheet-de-de.pdf

[2] MSCI ESG Screened Index Methodology November 2019.
https://www.msci.com/eqb/methodology/meth_docs/MSCI_ESG_Screened_Indexes_Methodology_Nov2019.pdf

[3] iShares ESG Screened ETFs.
https://www.ishares.com/ch/finanzberater/de/themen/nachhaltig-anlegen/esg-screened-etfs?switchLocale=y&siteEntryPassthrough=true

[4] 10 Prinzipien der UN Global Compact.
https://www.unglobalcompact.org/what-is-gc/mission/principles